Riegers Rundblick

Witzbold Leben

Mein Oller pflegt zu sagen, dass die schönsten Witze das Leben selbst schreibt. Recht hat er. Outete sich nicht vor wenigen Wochen unsere Bundesministerin für Bildung und Anderes, dass sie erst aus der Zeitungsbeilage „Prisma“ erfahren hätte, was ein Algorithmus sei. Ist doch zum Schreien komisch! Und auch irgendwie nützlich, denn erst seitdem weiß ich, wer unsere gebildete Bildungsministerin überhaupt ist. Nämlich Frau Anja Karliczek, falls jemand ähnliche Wissenslücken wie ich aufweist. Und falls jemand die „Prisma“ nicht kennt, hat er halt kein MOZ-Abo.

Manche tragen ihre Dämlichkeit ganz direkt und unbedarft zur Schau, andere sind zu blöd, mit ihren Pfunden zu wuchern. Nehmen wir mal unseren Bürgermeister: Statt sich als Klimaretter und Energiesparer par excellence zu präsentieren, der vehement gegen die Vergeudung von wertvoller Energie durch überzogene Weihnachtsbeleuchtung einschreitet, gibt er den Angsthasen. Von wegen Haushalt und so. Ich darf das nicht! Das schöne Geld!

Auf jeden Fall eine Premiere, oder kann sich jemand erinnern, wann zuletzt Fürstenwalde ohne weihnachtliche Beleuchtung dastand? Ich glaube, nicht mal unter den „Kommunisten“.

Neuerdings macht auch die CDU auf Comedy. Wobei Jens Spahn im Rennen um den Parteivorsitz zwar die drolligste Figur abgab, inhaltlich jedoch von Friedrich Merz in den absoluten Schatten gestellt wurde. Erklärte Letzterer doch allen Ernstes, die Menschen hierzulande sollten ihre Renten durch Aktienkäufe absichern. Ich hab mir fast in die Hosen gepinkelt vor Vergnügen! Aktien für die Rente! Dann muss aber nun endlich auch eine anständige und legale Sterbehilferegelung für die geschaffen werden, deren Aktienpaket gerade mal nicht so … prickelnd … war. Aus die Maus. Besser: äuse die Mäuse. Mensch Friedrich, wie weltfremd ist denn das! Lotto wäre das Zauberwort gewesen! Spielt Lotto, Leute, so geht Rente! Denn das Eigenheim als Altersvorsorge könnt ihr spätestens dann vergessen, wenn vor eurem Grundstück die Straße ausgebaut wird. Oder wenn der nächste Altanschließerbeitrag fällig wird.

Den Vogel jedoch schoss ein Transporter ab, der kürzlich vor uns herfuhr. „RohrInnenreinigung“ stand dort zu lesen. Wirklich! Das Rohr, die Rohrin? Gendergerechte Schreibweise für jemanden, der Rohre und Rohrinnen reinigt? Was ist eine Rohrin? Und wo bleibt dann der Rohr? War das Werbung für eine urologische Arztpraxis? Oder für eine Praxis für Gynäkologie? Ehrenwort, ich hab mir das nicht ausgedacht! Mein Oller saß daneben.

Der meinte nur: „Schatz, ich glaube, ganz sauber sind die nicht!“

Leere Köpfe – leeres Gerede

Ach, was haben wir damals über den Witz mit dem Fleck und der Schere zur sicheren Entfernung desselben gelacht! Heute bleibt einem, denkt man mal in Ruhe darüber nach, das Lachen eher im Halse stecken. Das Herausschneiden von Verunreinigungen aus Kleidungsstücken setzt eindeutige Prioritäten: Weg mit dem Schmutz. Punkt. Dabei werden halt Kollateralschäden billigend in Kauf genommen. Beruhigend ist allerdings, dass niemand wirklich auf die Idee käme, den Spruch in die Tat umzusetzen. Es ist ein Spaß.

Unser Außenminister, Heiko Maaß, scherzte kürzlich ebenfalls recht unbedarft. Es kann eigentlich nur ein Scherz gewesen sein, als er wiederholte, was zuvor schon viele andere Persönlichkeiten aus Politik und Wirtschaft daher geschwätzt haben: Man müsse Zivilcourage zeigen, gegen Rechts und Rassismus. Dabei steckt das Problem doch, sichtbar für jeden, in der Formulierung drin: Rechts. Dass die Bundesrepublik ein Rechts-Staat ist, ist unbestritten. Da wird schon mal das rechte Auge zugekniffen. Wer nämlich glaubt, dass das Zeigen des Hitlergrußes entsprechend deutscher Rechts-Vorschriften konsequent geahndet wird, ist ganz schön auf dem Holzweg.

Jeder Dödel darf ungestraft „Sieg Heil!“ grölen. Da kommt mir Maaß‘ Aufforderung zur Zivilcourage zynisch oder zumindest ziemlich blauäugig vor. Denn, hätte man nicht einem Pegida-Mitläufer im Staatsdienst „ins Gesicht gefilmt“, wäre der heute noch beim LKA in Lohn und Brot. Obwohl er auf der Straße (ganz privat, versteht sich), bei einem Haufen mitmarschiert, der auch schon mal „Merkel muss weg!“ skandiert. Landes-Kriminalamts-Mitarbeiter und sein Verhältnis zur Staatschefin. Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen. Obwohl, Mut hat er. Und unverschämtes Glück, denn es war nicht zwangsläufig zu erwarten, dass ihm nur ins Gesicht gefilmt wurde. Mir wäre da noch was ganz anderes eingefallen…

Dass ein, ganz offensichtlich von Altersstarrsinn gebeutelter Seehofer, den Fettnapftreter Maaßen nach oben „feuert“, möchte ich auch nicht als Zeichen von Zivilcourage ansehen. Eher als Freud’sche Fehlleistung. Die Kanzlerin dagegen übt sich in Selbstkritik. Das nenne ich mal couragiert, so etwas hat man lange nicht von Angehörigen der herrschenden Klasse gehört.

Sie kann sich das erlauben, ich als Bürger dagegen würde es mir zweimal überlegen, ob ich Zivilcourage zeige. 

Zu groß ist die Gefahr, dass mir der Rechts-Staat als Dank dafür in den Arsch tritt.

…so weit, wie ein Schwein…

Unsere Enkeltochter ist unter der Haube. Endlich! Mit Ende Dreißig und einem krisenfesten Job in einer Landesbehörde, hat sie ihr Leben durch einen ansehnlichen, freundlichen, gut situierten Partner vervollständigt. Man lernte sich bei der Arbeit kennen, Planung und Bauvorbereitung der Erneuerung von Autobahnabschnitten. Allein das hätte uns zu denken geben müssen! Egal – kürzlich erwarben sie ein Grundstück, um sich ein eigenes Häuschen bauen zu lassen. Zunächst freuten wir uns ganz fürchterlich, träumten von Wochenenden, in denen wir auf Besuch fahren und verwöhnt würden, mal aus unseren vier Wänden rauskämen. Dann zeigte uns das junge Glück seine Pläne: „Wir bauen ganz genau nach unseren Bedürfnissen! So ein eigenes Haus muss sitzen, wie meine Jeans“, lachte unsere Enkeltochter. Beim Anblick der straffen Passformen kamen erste düstere Ahnungen auf. Die Baupläne übertrafen dann aber doch unsere schlimmsten Erwartungen! Ein Tiny House wäre im Vergleich zu dem, was wir zu sehen bekamen, eine Turnhalle. „Kind, kannst du dich noch an unseren 15er Jollenkreuzer erinnern, den wir vor 8 Jahren verschrottet haben? Da war aber mehr Platz in der Kajüte als in eurer Hütte hier!“ Mein Oller kratzt sich am Kopf. „Opa, mehr brauchen wir im Moment nicht! Wir können Wasser warm machen, hier ist der Eimer zum Waschen und hier der zum – na, du weißt schon, und hier haben wir das Wichtigste: ein Bett.“ Es war tatsächlich nur EIN Bett! „Mehr brauchen wir nie!“ Sie schmiegen sich verliebt aneinander.

„Und ihr denkt, das bleibt so?“ Wir sind gefühlte 99 Jahre miteinander verheiratet, wissen wovon wir reden. Die Kinder wissen das auch. „Nee, natürlich bleibt das nicht ewig so“, räumen sie ein, „aber dann stellen wir ein zweites Bett auf.“ „Wo denn bloß?“, mein Oller versucht sich umzudrehen, „ich seh‘ hier dafür keine Möglichkeit.“ „Natürlich, stimmt, wir bauen dann selbstverständlich neu“, lautet die Antwort. „Nicht anbauen, neu bauen! Weg die alte Hütte, zack, neu bauen. Größer, genau dem Bedarf entsprechend.“ „Und warum baut ihr nicht gleich ein bisschen größer? Ihr werdet es doch sowieso müssen.“ „Das weiß niemand so genau, außerdem macht man das heute so, Opa.“

Mein Oller sieht etwas ratlos aus, guckt mich hilfesuchend an. Mir schwant schon lange was. AUTOBAHNBAUPLANUNG! Klar! Erst die Verkehrszählung: zwei Spuren reichen, da würden sogar noch ein paar PKW zwischen die Laster passen. Standspur? Wozu, es bleiben doch kaum Autos liegen, gemessen am Verkehrsaufkommen. Hat noch den Vorteil, dass die Brücken nicht so breit gebaut werden müssen. Das spart so richtig!

Die Frage des einfachen Menschen und Steuerzahlers, warum nicht die zu erwartenden steigenden Verkehrszahlen bei der Planung berücksichtigt werden, beantwortet niemand wirklich. Gespart wird jetzt. Weiß man, wie die Zukunft aussieht? Nein! Vielleicht hat der Fahrbahnbelag ja schon in 6 Jahren „Betonkrebs“? Dann muss er ohnehin neu gemacht werden. Vielleicht haben alle Laster Fahrverbot? Dann müsste man sogar rückbauen. Vielleicht verdoppelt sich das Verkehrsaufkommen? Reine Spekulation! (Sagen die Sparfüchse.)

So färbt der Beruf auf das Leben zwischen Feierabend und Schichtbeginn ab! Unsere Kinder jedenfalls hat es voll erwischt.

„Wie groß, sagtet ihr, ist euer Baugrundstück?“, will mein Oller wissen.

„Zunächst 144 Quadratmeter“, lautet die Antwort, „mehr brauchen wir im Moment nicht.“

„Aber wenn…“. Ich stoße meinen Ollen an. Erinnere ihn, dass in 48 Minuten seine Lieblingsserie im Fernsehen anfängt und wir noch eine gute halbe Stunde Heimweg vor uns haben. Denn ich habe den Kostenvoranschlag von Zaun-Schuster entdeckt. Dabei der Entwurf eines Gartentors, Breite 0,44 m. Da passt nicht mal ein Kinderwagen durch, ich jedoch frage nicht nach. Weil ich die Antwort wahrscheinlich kenne? Weit gefehlt! Zum Abschied strahlt uns unser Enkelkind an: „Übrigens, ihr werdet Urgroßeltern! Wir müssen uns also ranhalten, dass der Bau fertig wird, damit wir neu konzipieren können! Ein günstiges Abrissunternehmen haben wir schon gefunden.“

Die Sache mit dem Loch

Nicht nur die Bauern stöhnen, wann immer der Sommer anbricht. Zu nass, zu wenig Sonne, zu warm, zu trocken, zum Glück selten einmal alles zur gleichen Zeit. Unabhängig vom Sommerwetter leiden die Medien, insbesondere die täglich erscheinenden Druckerzeugnisse. Während die Öffentlich-Rechtlichen das Privileg besitzen, in den nicht eben knappen Rundfunkgebühren zu schwelgen, muss der arme Zeitungsredakteur zur ereignisarmen Zeit manchmal heftig an den Fingern saugen, um das Blatt zu füllen. Und in Zeiten aussterbender Abonnenten hat das Zeitungsinserat eine ganz besondere Bedeutung erlangt. Nicht immer zur Freude des Lesers.

Die „Bücher“, wie im Zeitungsdeutsch die Seitenbündel genannt werden, die sich speziell den Regionen oder dem Sport widmen, wirken ohnehin im Umfang eher schwindsüchtig. Wenn dann Autohäuser, Versicherungen oder Banken ganze Seiten okkupieren, ist’s auch mit der Information nicht mehr weit her.

Der Kleine, Recht Unscheinbare, SCHilfgrüne Erläuterungs-Liebling der Oderregion hilft ebenfalls nicht beim Platzsparen, sondern soll Kindern, die tatsächlich Zeitung lesen, Inhalte ausgewählter Artikel erschließen. An sich keine schlechte Idee. Wäre da nicht mein Oller, und ich bin überzeugt, dass es ihm viele gleichtun. Mein Oller schmeißt nämlich neuerdings mittwochs und an den Wochenenden die Zeitung samt dazugehörigem Anzeigenblatt sofort nach der morgendlichen Lektüre weg. Aus Gründen des Anstands, wie er sagt. In Wirklichkeit ist er bloß verklemmt. Enkeltochter Luisa-Chantalle (7) kommt nämlich demnächst in die 2. Klasse. Ein pfiffiges Kind, das, seit es lesen kann, alles in sich hineinliest, was in lateinischen Buchstaben und deutscher Sprache verfasst ist. So auch Zeitungen.

Neulich waren wir im Kletterwald, nicht unbedingt mein Ding, aber mein Oller war der Meinung, der Kleinen mal was bieten und sich selbst was beweisen zu müssen. Es war auch ganz schön, bis er am Ende des Parcours bemerkte, die Omi, also ich, hätte das richtig „geil“ gemacht, das mit dem Klettern und der Rutsche und überhaupt. Luisa-Chantalle war begeistert. „Klar, Omi ist geil!“ Dann ein kurzer Moment des Nachdenkens. „Kann denn Omi auch blasen? Wie der Wind? So wie die Oma in der Zeitung?“ „Nee!“, entfährt es ihm, „wie kommst du denn darauf?“

Zu Hause löst sich das Rätsel nach einem Blick in das frische märkisch-sonntägliche Anzeigenblatt: da steht unter „Kontakte“ tatsächlich ein Inserat „Geile Oma, bläst wie der Wind“. Mein Oller ist verstört, ich bin zumindest verunsichert.

Der Sonntag geht dann doch irgendwie sehr schön zu Ende. Als die Kinder ihr Töchterchen abholen, fragen wir es noch, ob es zur Einschulung einen besonderen Wunsch hat. Vielleicht etwas für das Hobby. „Ach nö, ich überlege mir noch, ob ich vielleicht Hobbynutte werde. Was ist das eigentlich, es klingt so niedlich!“ Seit dem hat mein Oller die Zeitungsphobie.

Die Sache mit dem Horrorskop

„In den nächsten Tagen sollten Sie mehr Zeit mit dem Partner verbringen. Die Sonne steht im Zeichen des Zwergesels, eine gute Gelegenheit, alte Beziehungen zu erneuern.“

Nun ist es so, dass ich dieser Art Vorhersagen schon immer misstraute. Im Augenblick aber ganz besonders. Denn, ob ich derzeit mehr Zeit mit meinem Ollen verbringen möchte, weiß ich nicht wirklich. Es gäbe zwar tatsächlich dafür nun mehr Zeit, aber wer will schon mit einem missgelaunten Knurrhahn den Versuch unternehmen, einen romantischen Abend an einem See zu verbringen. Oder sowas. Wie gesagt, die Zeit dafür wäre schon da, jetzt, wo Deutschland vorzeitig die Segel  auf der Fahrt zum Fußball-WM-Finale gestrichen hat. Mein Oller ist nämlich alles andere als eine Sportskanone. Beim Fußballgucken beschränkt er sich von jeher auf Spiele der deutschen Nationalelf. Alles Weitere ist ihm schlichtweg zu anstrengend! Andauernd Bier ranschleppen und ziemlich gleich auch wieder wegbringen!

Ab jetzt gibt es diesbezüglich ja nichts mehr zu sehen und unsere Abende werden wieder mehr von den Witterungsverhältnissen als vom Spielplan bestimmt. Aber wer weiß, wie lange mein Angetrauter noch mit seinem Schicksal und dem der anderen Fußballexperten hadert. Dabei hat Deutschland im Prinzip oft doch nur gegen sich selbst gespielt und verloren, zum großen Teil jedenfalls. (Kann man übrigens überhaupt gegen sich selbst verlieren?)

Nicht nur Drachentöter Korea weist eine stattliche Zahl an Fußballern auf, die in deutschen Ligen ihr Brot verdienen. Unter uns: Ich könnte auch nicht mit der nötigen Leichtigkeit Fußball spielen (so ich es überhaupt könnte), wenn ich wüsste, dass zig Millionen „Experten“ fortgesetzt an meinem Spiel rumnörgeln, alles besser machen würden, jeden Zweikampf gewännen und natürlich niemals einen Fehlpass schlügen. Sich auf die Seite des Siegers zu stellen, ist leicht. Dem Verlierer beizustehen, erfordert Rückgrat.

Also Kopf hoch, ihr Verlierer! Es gibt nichts Schlechtes, das nicht auch sein Gutes hätte. Künftig kann man unbeschwert die Daumen für sein Lieblingsreiseland Schweden drücken, ohne dass der fragile Nachbarschaftsfrieden in Gefahr gerät. Man kann ab jetzt jeder guten Elf, gleich welcher Nation, ein Weiterkommen oder gar den Pokal wünschen, ohne eine abendländische Fatwa befürchten zu müssen. Oder man geht anlässlich des passenden Spiels der entsprechenden Mannschaft zum „Speedy“, gemeinsam Fußball gucken. Diesem Argument wird sich mein verfressener Oller ganz sicher nicht widersetzen. Insofern bin ich doch guter Hoffnung, dass wir künftig ein bisschen mehr Zeit miteinander haben werden. Danke, Deutschland. Und Horoskop sei Dank!

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