Welt-Schlaganfalltag am 29. Oktober

Alle sechs Sekunden stirbt weltweit ein Mensch an einem Schlaganfall und mehr als 270.000 Deutsche erleiden jährlich einen lebensbedrohlichen Hirninfarkt. Anlässlich des Welt-Schlaganfalltags beantworten Priv.-Doz. Dr. med. Konstantin Prass, Chefarzt der Klinik für Neurologie, und Dr. med. Hildegard Gräfe, Chefärztin des Instituts für Neuroradiologie im Helios Klinikum Bad Saarow, wichtige Fragen zum Schlaganfall.

Warum zählt bei einem Schlaganfall jede Minute?
MED. HILDEGARD GRÄFE „Jeder Schlaganfall ist ein Notfall und „Zeit ist Hirn“! Zumeist verstopft ein Blutgerinnsel eine Hirnarterie. Innerhalb kürzester Zeit werden die Hirnzellen nicht mehr ausreichend mit Sauerstoff versorgt und sterben ab.
Bei rechtzeitigem Handeln ist der Therapieerfolg am größten. Deshalb ist beim Schlaganfall eine schnellstmögliche Behandlung in einem modernen Schlaganfallzentrum – mit allen technischen Möglichkeiten der Akutdiagnostik und einer neuroradiologischen Interventionsbereitschaft rund um die Uhr – von entscheidender Bedeutung. Je schneller Helfer den Patienten einer sachgerechten Versorgung zuführen, umso eher kann der Schaden minimiert werden. Beim ersten Auftreten von Symptomen eines Schlaganfalls sollte der Rettungsdienst unter der Nummer 112 alarmiert werden. Viele Betroffene können mit der kathetergestützten Schlaganfallbehandlung, der sogenannten Thrombektomie, behandelt und vor dauerhaften Behinderungen bewahrt werden. In bis zu 90 Prozent der Fälle kann mittels Katheter das Gefäß wiedereröffnet werden. Unser Klinikum ist auf die Behandlung des Schlaganfalls spezialisiert und bietet mit einer hochmodernen Angiografieanlage, entsprechenden Kathetermaterialien und der Verfügbarkeit eines interdisziplinären Ärzteteams aus erfahrenen Neurologen, Neuroradiologen, Neurochirurgen, Gefäßmedizinern und Anästhesisten beste Voraussetzungen.“

Was ist denn eine Stroke Unit?
PRIV.-DOZ. DR. MED. KONSTANTIN PRASS „Eine Stroke Unit ist eine spezialisierte Schlaganfallstation. Hier kümmert sich ein interdisziplinäres Team um die gesamte Versorgung des Patienten – von der Akuttherapie über die frühe Rehabilitation bis hin zu sozialdienstlichen Leistungen. Das verbessert die Überlebenschancen enorm und kann oft Folgeschäden deutlich verhindern.“

Doch was passiert, wenn der Schlaganfall während des Schlafs auftritt und der Zeitpunkt des Ereignisses nicht bekannt ist?
PRIV.-DOZ. DR. MED. KONSTANTIN PRASS „Hier besteht die Herausforderung für uns Ärzte darin, dass wir den eigentlichen Ereigniszeitpunkt ja nicht kennen – eben irgendwann im Schlaf. Bisherige Therapiestandards waren zeitlich sehr eng eingegrenzt. Heute können wir mittels moderner Bildgebung eine individuelle Nutzen-Risikoabwägung ermöglichen und deshalb auch diese Betroffenen mittels Thrombektomie behandeln.“

Dann kann mit der Thrombektomie auch noch nach vielen Stunden der Schlaganfallpatient behandelt werden?
MED. HILDEGARD GRÄFE „Ja, auf jeden Fall! Findet sich in der Akutdiagnostik mit Computertomographie oder Magnetresonanztherapie nur eine geringe Hirnschädigung und ist ohne Wiedereröffnung des verschlossenen Gefäßes ein ausgedehnter Hirnschaden mit schweren körperlichen Ausfällen zu erwarten, ist eine gefäßeröffnende Therapie auch außerhalb der vorgegebenen Sechs-Stunden-Grenze sinnvoll. Diese Situation haben wir beim sogenannten ‚Wake-up Stroke‘, dem Schlaganfall aus den Schlaf heraus.

Was passiert bei einer Thrombektomie?
MED. HILDEGARD GRÄFE „Spezialisierte Neuroradiologen schieben von der Leiste aus einen Katheter bis in die Hirngefäße, wo das Blutgerinnsel eine Arterie blockiert und den Schlaganfall ausgelöst hat. Mithilfe minimalinvasiver Techniken können wir das Gerinnsel dann bergen und absaugen. Durch die Angiografie, eine spezielle Röntgentechnik, die nach Gabe von Kontrastmittel die Gefäße sichtbar macht, können wir uns ganz genau im Hirn orientieren. Der Behandlungserfolg stellt sich oft sogar noch während des Eingriffs ein. Man spricht dann vom sogenannten „Lazarus-Effekt, wenn Patienten nach der Entfernung des Gerinnsels bereits auf dem OP-Tisch wieder sprechen oder vormals gelähmte Gliedmaßen bewegen können:“

Welche Risikofaktoren für einen Schlaganfall gibt es?
PRIV.-DOZ. DR. MED. KONSTANTIN PRASS „Der Schlaganfall ist längst keine Alterserkrankung mehr. Zwar ist jeder zweite Schlaganfallpatient älter als 75 Jahre, durch die verbesserte Diagnostik werden Durchblutungsstörungen des Gehirns zunehmend aber auch bei wesentlich jüngeren Menschen festgestellt. Die größten Risikofaktoren für einen Schlaganfall sind: Vorhofflimmern, Arteriosklerose, Bluthochdruck und Diabetes mellitus, befördert durch einen ungesunden Lebensstil mit Bewegungsmangel, Übergewicht, Rauchen und Alkohol.“ 

Wie sind die Symptome eines Schlaganfalls?
PRIV.-DOZ. DR. MED. KONSTANTIN PRASS „Wie es der Name andeutet: ein Schlaganfall tritt schlagartig, also von einer auf die andere Sekunde auf und macht sich mit einer Lähmung oder einem Taubheitsgefühl in Armen oder Beinen bemerkbar, Seh- und Sprachstörungen sind ebenso typisch. Beim ischämischen Schlaganfall verstopft ein Blutgerinnsel feinste Schlagadern im Gehirn. Genauso führt aber auch das Zerplatzen einer Hirnarterie, eine Hirnblutung, dazu, dass Nervenzellen im betroffenen Hirnareal nicht mehr versorgt werden und es kommt zu den typischen körperlichen Ausfallerscheinungen. Wenn Sie diese bei sich oder Angehörigen beobachten, bitte zögern Sie nicht und verständigen Sie sofort den Rettungsdienst unter 112. Denn Zeit ist Hirn.“

Wie senkt man sein Schlaganfallrisiko?
PRIV.-DOZ. DR. MED. KONSTANTIN PRASS „Eine gesunde Lebensweise mit viel körperlicher Bewegung und eine Ernährung mit viel frischem Obst und Gemüse und natürlich ein unbedingter Verzicht aufs Rauchen können viel dazu beitragen, das individuelle Risiko zu minimieren.

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