Ein-Mann-Betriebe gefährden Handwerk

Immer häufiger sind im Landkreis Oder-Spree Solo-Selbstständige unterwegs. Doch viele von ihnen arbeiten nach Einschätzung der IG Bau unter schlechten Bedingungen – ohne soziale Absicherung und mit einem Einkommen, das teils unter dem Mindestlohn liegt. „Gerade im Handwerk hat die Zahl der Ein-Mann-Firmen stark zugenommen – oft mit großen Abstrichen bei der Qualität“, sagt Astrid Gehrke.

Die IG Bau-Bezirksvorsitzende kritisiert dabei Online-Portale wie MyHammer oder Helpling, die ein solches Geschäftsmodell unterstützten. „Zwar scheint ein Fachmann dort nur ein paar Klicks entfernt. Doch ein Großteil dieser sogenannten ,Gig-Worker‘ arbeitet ohne Gesellenbrief und Renten- oder Sozialversicherung“, so Gehrke. Die IG Bau Oderland macht für den Trend insbesondere den Wegfall der Zulassungspflicht in vielen Handwerksberufen verantwortlich.

Seitdem können sich etwa Fliesenleger ohne abgeschlossene Lehre selbstständig machen. Die Folge: Die Zahl der Fliesenlegerbetriebe im Bereich der Handwerkskammer Frankfurt (Oder) ist kräftig angestiegen – von 539 im Jahr 2004 auf 1.424 im vergangenen Jahr. In der Gebäudereinigung – seit 2004 ebenfalls zulassungsfrei – hat sich die Anzahl der Betriebe im selben Zeitraum mehr als verdoppelt. Von einem „Warnsignal“ spricht Gewerkschafterin Gehrke: „Zum goldenen Boden des Handwerks gehört das klare Bekenntnis zu soliden Standards, zur Berufsausbildung und zum fairen Wettbewerb.

All das ist mittlerweile in Gefahr.“ Ein großes Problem sei die Selbstausbeutung der Solo-Unternehmer. „Sie müssen ihre Arbeitszeiten nicht aufschreiben und arbeiten oft zu Mini-Löhnen. Das erhöht den Preisdruck für reguläre Firmen, die ihre Leute ordentlich bezahlen und Sozialabgaben abführen müssen.

Die IG Bau fordert die Politik dazu auf, für eine bessere Absicherung zu sorgen. So könnten Ein-Mann-Unternehmer etwa in die Altersversorgung der Bauwirtschaft einbezogen werden. Denkbar sei auch eine verpflichtende Unfallversicherung.

Gehrke: „Am Ende brauchen wir aber wieder eine Meisterpflicht in allen Handwerksbereichen. Nur damit sind Qualität und Nachwuchs gesichert.“ Noch in dieser Legislaturperiode könne die große Koalition den Meisterbrief wieder in der Handwerksordnung vorschreiben.

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