Meine Oma hatte Hühner. Sie wohnte auf dem Land, entsprechend entspannt wuchsen die Federviecher auf. Sollte man meinen. Autos gab es nur wenige, dafür reichlich Fahrräder und Mopeds. Hatten sich nun Hennen samt Hahn Freigang verschafft, sei es Kraft ihrer eingeschränkten Flugfähigkeit, sei es, dass Opa (wer denn sonst) vergessen hatte, den Hühnerzwinger ordnungsgemäß zuzumachen, war einer der Lieblingsorte, den sie sich auserkoren hatten, die Dorfstraße. Kam dann ein Fahrzeug, egal welcher Kategorie, war Faszinierendes zu beobachten: Die dussligen Viecher, die eben noch in relativer Sicherheit am Straßenrand scharrten und pickten, rannten panisch los. Erstmal auf die andere Straßenseite. Dort hatten sie offenbar Zweifel an der Sinnhaftigkeit des Ortswechsels, sodass sie schnurstracks wieder dahin rannten, wo sie eben hergekommen waren. Aber wieder kamen Zweifel auf, also nochmal zurück. Das wiederholte sich so lange, bis das eine oder andere Huhn unter die Räder kam. Im wörtlichen Sinne. Wieso komme ich heute darauf, ist schließlich lange her…

Ich lebe in Brandenburg, genau genommen lebt man hier überall auf dem Land, egal wo. Die Frage ist, steht die Landesregierung hier für Oma und Opa oder erinnert ihr Verhalten mehr an Hühner. Panisch jagt eine Corona-Verordnung die andere. Wobei die Wirksamkeit der höchst unterschiedlichen Vorschriften Zweifel erlauben. Dazu muss man kein Querdenker sein. Mit den Typen kann ich eh nichts anfangen. Ich sehe mich schon eher als Mitdenker. Seit Weihnachten spätestens ist das Leben hinsichtlich der sozialen Kontakte und Möglichkeiten ziemlich schwer. Die Infektionszahlen dagegen sind von all den Einschränkungen nicht wirklich beeindruckt. Sie steigen trotzdem. Was läuft da nur falsch? Inkonsequenz bei der Durchsetzung der Maßnahmen? Der Mensch an sich ist nicht vernünftig, ohne Kontrolle macht sich jeder seine eigenen Vorschriften. Gerne solche, die ihm selbst am wenigsten weh tun.

Ja, endlich gibt es einen wirksamen Impfstoff gegen COVID 19. Oder auch zwei. Aber schon die Handhabung der Seren offenbart Probleme, die sich nicht mehr an einer Hand abzählen lassen.

Da vergammeln einfach so 4.800 Impfdosen oder stehen zumindest unter dem Verdacht, verdorben zu sein. Nicht etwa die von Biontech, die einer Kühlung von minus 70 °C bedürfen, nein die von Moderna, die nur -20 Grad brauchen, bei Kühlschranktemperatur noch immer 30 Tage, bei Zimmertemperatur 12 Stunden aushalten. Das verstehe wer will. Man übt halt noch.

Immerhin sind Stand 13. Januar rund 6 Promille der Brandenburger geimpft (zum ersten Mal). An der Impfbereitschaft kann es nicht liegen, die Hotline läuft heiß. Bei dem Tempo wird es noch mehr als 160 Wochen dauern, bis alle geimpft sind oder zwei Jahre, bis eine Impfquote von 60% erreicht ist. Prost Mahlzeit!

Derweil wird über eine Impfpflicht debattiert. Das ist ungefähr so, als ob man ein Kind auffordert, seinen Teller leer zu essen, obwohl gar nichts drauf ist.

Dass man sich für die Impfung selbst einen Termin beschaffen muss, ist per se ein Unding. Was da den Senioren über 80 Jahre zumutet wird, ist eine Gemeinheit. Wozu gibt es Meldeämter? Dort liegen die nötigen Daten für eine Terminvergabe. Frau Nonnemacher kann sich ja mal bei der Gebühreneinzugszentrale der Öffentlich-Rechtlichen schlau machen, die wissen, wie es geht. Vorher muss sie aber versuchen, bei der Hotline 116117 durchzukommen. Die Zeit, die sie dafür braucht, wird dann von ihrem Urlaub abgezogen.

Hoffen wir nur, dass die Brandenburger SPD dem ungeliebten Großkoalitionär CDU in Person von Herrn Spahn nicht bloß eins auswischen will. Das wäre Wahlkampf auf unterstem Niveau.

Mein Oller zuckt nur mit den Schultern: „Du kennst doch den Brandenburg-Slogan: ‚Wir können alles – außer fertig’“.

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